Brückenbau

Heute war der Juri mit mir beim Zahnarzt. Mir wurde meine neue Brücke eingesetzt, und Juri durfte auf meinem Schoß sitzend zugucken. (Eigenlich hatten wir schon letzte Woche einen Termin, aber da hat gerade die Hypnose bei einem Patienten ewig nicht funktioniert und alle mussten warten und wir haben dann kurzfristig den neuen Termin bekommen.) Und wieder hieß es von allen Seiten »Sieht man aber!« und »Das ist aber ein freundliches Kind!« und »Der kann aber skeptisch gucken!«.

Und wirklich saß er die ganze Zeit still auf meinem Schoß, guckte der Schwester und dem Doktor in Ruhe und interessiert zu, wie sie in meinem Mund herumfuhrwerkten und ihre Gerätschaften sortierten, tauschte mit der Schwester Legosteine aus, ließ sich alle Schritte ausführlich erklären, nickte meine Angaben zu seinen Zähnen und seinem Zahnputzverhalten sowie die Unbedenklichkeitsbeteuerungen des Doktors über Kinderzahnpasta ab, lächelte und gab dem Doktor zum Schluss nicht die Hand.

Oybin

Der Opa Strehlen hatte zum Feiern seines Sechzigsten seine Kinder und Enkel nebst Begleitung nach Oybin eingeladen. So sind wir am Freitag mittag ins Auto gestiegen und haben uns durch Staus und fehlende Beschilderung eine im Internet empfohlene Route entlang bis in’s entlegenste Eck von Sachsen durchgehangelt und waren pünktlich kurz nach Abendbrotzeit da.

Am nächsten Morgen ging’s dann gemeinsam auf den Oybin, Kloster- und Burgruine besichtigen und zu Mittag speisen. Später – nach einer kurzen Autofahrt nach Jonsdorf – sind wir noch kurz auf die von unten viel höher wirkenden Nonnenfelsen gekrabbelt, haben den Waldspielplatz ausprobiert und Eis gegessen. Katharina und Juri ließen sich von Mareen über den Miniteich gondeln, bevor es wieder nach Oybin zum Abendbrotessen ging:  Riesenportionen mussten verdrückt werden, und Juri bekam vom Wirt zum Abschied und für sein Rumgekrabbel und Gewinke und Gekicher und Gekasper zwei Feldschlößchen-Werbe-Kühlschrank-Magneten geschenkt.

Der OybinIn der Kloster- und BurgruineHandgemeißelt!Handgemeißelt!Handgemeißelt!Hand am HandlaufAuf den NonnenfelsenAuf den NonnenfelsenGondelfahrtVormittagsschlaf

Am nächsten, dem Sonntag, sind außer uns dreien alle schon früh wieder abgefahren. Wir haben noch den Ort erkundet, eine Rast an den Bahngleisen gemacht und im (bei dem schönen Wetter natürlich neben dem) ältesten Haus des Ortes zu Mittag gespeist.

Selbstand

Ein ambivalentes Gefühlsgemenge beschlich mich da gestern: Wir waren auf dem Spielplatz am Wasserturm, dem Treffpunkt der elitären Prenzlberg-Eltern mit dem südwestdeutschen Akzent, und Juri saß im Sandkasten. Erst beguckte er sich wieder in Ruhe die Leute, schäkerte mit den Müttern und Omas, beneidete die Kinder mit den Eiswaffeln und verkostete den Sand samt all den enthaltenen Pflanzenteilen. Später bemächtigte er sich einiger herumliegender Förmchen, und auf einmal düste er los, an ein paar Kindern vorbei zu einer Gruppe mit Schaufeln und Kipper. Hockte sich dazu und fing an, mit durch die Finger rieselndem Sand dem etwa dreijährigen Mädchen beim Beladen des Kippers zu helfen, die aber seine stolzen und freundlichen Blicke ignorierte sowie seine Versuche, den Kipper vorzeitig wieder abzuladen, vehement verhinderte. Einem anderen Mädchen reichte er ein kleines Auto, das hinter ihr lag, einem kleinen Jungen wurde die Schaufel abgeluchst. Und auch nach fünf Minuten guckte er kein bisschen zu mir, der ich zehn Meter weiter gar nicht mehr da saß, sondern meinen Standpunkt zur besseren Beobachtung – es hatten sich lauter Erwachsene dazwischengestellt – inzwischen gewechselt hatte. Stattdessen drehte er sich nach fremden Müttern um und horchte, worüber sie so tratschten.

Was war ich stolz auf diesen selbständigen Jungen! (Bei den Tagesmutter-Probebesuchen hatte er sich zwar auch schon jeweils für ein paar Minuten ohne mein Beisein beschäftigt, ohne jemanden zu vermissen, aber da waren wir ja immer noch in der selben Wohnung.) Aber gleichzeitig war es eben auch irgendwie bedrückend, auf diese Weise präsentiert zu bekommen, dass man gar nicht mehr pausenlos benötigt wird.

Das wortwörtliche Selberstehen praktiziert er weiterhin ebenso wie das Seitlich-an-den-Möbeln-Langhangeln. Inzwischen ist er auch mehrmals am Tag dabei zu beobachten, wie er zwei-drei klitzekleine Schritte macht, aus dem Freistand zu einem Möbel oder den Abstand zwischen zwei etwas weiter auseinander stehenden Möbeln überbrückend. Mehr als zehn Zentimeter legt er dabei aber noch nicht zurück, bevor er sich erstmal wieder auf seinen Windelhintern plumpsen lässt. Längere Strecken legt er aber zurück, wenn er die Hocker durch mein Zimmer schiebt oder sich an meinen rückwärts laufenden Beinen festhält. Das klassische An-der-Hand-Laufen praktizieren wir dagegen nicht, da er solche Art Hilfe ablehnt.

Beim Hantieren mit der Gabel kann er das Essen inzwischen richtig aufpieksen und dann mit der Gabel in den Mund stecken. Macht er aber nur manchmal, mit den Fingern funktioniert’s halt besser.

Heute gab’s das erste Mal Ketchup – was wird sich Mutti freuen! –: fand er gut und wollte mehr, hat dann aber auch ohne seine Bratkartoffeln weiter gegessen.

Biesenbrow

Rast bei den Heiden von Kummerow

Wilde Zeiten

Heute waren wir mal wieder im Wildpark Schorfheide. Nach einem späten Frühstück (wir sind erst kurz vor neune aufgewacht!) waren wir erst zur Mittagszeit dort, sind dann aber erstmal die Runde um die Pferde, Elche, Hirsche, Wölfe, Rindviecher, Büffel, Schafe und Schweine herum gezuckelt. Danach gabs (es geht schon wieder ums Essen) für jeden eine Wurst – mit oder ohne verschiedenen Eintopf. Danach wurde Rutsche runtergerutscht und im Sand gespielt, Eis gegessen und ein Krankenwagen im Einsatz beguckt.

Wurst für alle!Kurve!Interessand!

Nachdem wir in der letzten Woche den Versuch gestartet hatten, den Juri nur noch in seinem eigenen Bett und Zimmer schlafen zu lassen – er ist ja nun schon ein Jahr alt! –, haben wir in dieser das Paradigma gewechselt und wollen nun erstmal pö-a-pö abstillen und später den Rückzug ins eigene Gemach wagen. Er wurde ständig wach und ließ sich kaum beruhigen, schlief nur noch halbstundenweise und brauchte anderthalb, um wieder einzuschlafen. Und nach einer solchen Woche ohne Schlaf und voller herzzerreißendem oder wutentbranntem und -entfachendem Geheul ohne Tendenz zu einer Besserung schläft er nun wieder (nach dem ersten Aufwachen) bei uns. Und wie als Dank dies in den letzten Tagen auch besser als bisher: ein oder zwei mal aufwachen und bis sieben, acht oder sogar neune schlafen.

Gestern hat Juri die ersten Sandkastenerfahrungen gesammelt. Aus den Berichten der Mammi (ich hatte zuhause Regal gebaut und Fischstäbchen mit Kartoffelbrei und Möhrenraspel vorbereitet) weiß ich, dass er sich den Sand sehr genau beguckt und auch ausgiebig gekostet und insgesamt für gut befunden hat. Genauso wars heute, auch Sand im Eis war okay.

Seit ein paar Tagen benutzt Juri beim Essen seine neue Gabel. Vor allem freilich zum Hämmern: auf dem Tellerrand und auf dem Tisch. Ein wenig klappt aber auch schon das Aufpieksen von Kartoffeln, Gemüse oder Nudeln. Danach werden sie freilich mit dem Finger von der Gabel geklaubt und in den Mund gesteckt.

Neu ist auch eine grüne Zahnbürste mit Drachen am Stiel, die er sehr mag. So klappt das Zähneputzen viel besser, und man sieht den ersten Eckzahn (der 13. insgesamt) sich so allmählich vorschieben.

Sehr viel besser geworden sind auch die seit dem Geburtstag vermehrt und inzwischen beinahe ausschließlich zu beobachtenden Stehversuche (Wieso eigentlich Versuche? Er steht doch!) aus dem Vierfüßlerstand heraus und mit ohne Hochziehen an Gegenständen. So freihändig kann er dann mit beiden Händen hantieren und auch schon ohne Absetzen in die Hocke gehen, etwas aufheben und wieder aufstehen. Und sich danach mit großem Plumps auf den Windelpopo fallen lassen.

Unsere täglich Mutti gib uns bald!

Heute haben wir uns die dritte Tagesmutter (sowie die vierte: es waren zwei auf einmal) beguckt und uns für diese entschieden. Vor allem, weil sie gleich um die Ecke auf der Danziger Straße heimisch sind (bzw. werden: sie waren gestern das erste Mal in der Wohnung drin). Die Wohnung war noch ganz leer und der vielgelobte Garten nur ein ungepflegter Rasenhinterhof mit Kastanie und Schutt. Aber bis Mai wird da noch was draus!

DS!Die eine Mutti hatte ihren Sohn dabei. Und dieser Sohn hatte einen Gameboy dabei. Und diesen Gameboy hatte dann beizeiten der Juri in der Mache. Der sich in der Zwischenzeit schon genau abgeguckt hatte, wie man da mit dem Stift auf dem Touchscreen herumfuhrwerkt … Dürfen wir aber nicht der Mammi verraten! Die kann diese Dinger überhaupt nicht ausstehen! Also pssst!

Juri im roten FlitzerBereits gestern waren wir das erste Mal mit dem neuen Buggy (und dem Juri drin) draußen. Und das erste Mal auf dem Spielplatz (am Wasserturm) nicht nur gucken, sondern auch rutschen (mit der Mammi, die viel langsamer war als die anderen Kinder)!

U6 reloaded

Gewicht: 11 230 g
Körperlänge: 80 cm
Kopfumfang: 46 cm
Gesamteindruck: Kind altersgemäß entwickelt.

Nur die Frau Doktor und die Schwestern kann der Juri immer noch nicht sehen. Kaum kommen sie ins Behandlungszimmer, flieht er in Richtung hinterste Ecke, kaum kommen sie näher und strecken ihre Hände aus, schreit er. Trostspenden ignoriert er tapfer. Zum Glück konnte aber ein Großteil der Untersuchungen auch bei Pappi auf dem Arm erfolgen. Und zum Glück gabs auch ein schickes Teddypflaster auf die Impfpieksstelle. Kaum sind sie wieder draußen, kräht er wieder mit großer Klappe vor sich hin, und kaum sind wir wieder draußen, liegt er im Wagen und schüttelt den Kopf …